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25.-28.9.2015 

Bevor es mit dem Tagebuch weitergeht, ein paar Neuigkeiten zum Vertrieb von Jurassic Road: Carsten Fichtelmann hat jetzt angekündigt, sich selbst um die Vermarktung und den Vertrieb kümmern zu wollen. Der Film wird ein offizielles Daedalic-Produkt und ich stehe mit dem neuen PR-Team der Firma in Verbindung. Mal sehen, was das wird :)  


Ich habe vor diesem Teil des Reisetagebuchs zurückgescheut. Jetzt beginnt der Teil, in dem alles, aber auch wirklich alles, schiefgeht. Wir verlassen Hainan am Morgen des 25.9.2015 und reisen über eine breite, nagelneue Autobahn durch eine leere Wüstenlandschaft. Diese Mal umgehen wir die Gobi/Taklamakan südlich und nehmen Kurs auf Kashgar. Bizarrerweise gibt es an der Autobahn gigantische Rastplätze mit überproportionierten Parkplätzen und Toiletten. Dort finden wir Tankstellenshops, die nur ein paar Jahre alt sein können. Nur andere Besucher sehen wir dort nicht. Das passt natürlich zu den ebenfalls leer stehenden Plattenbau-Siedlungen, die immer wieder aus der Wüste aufragen und die wir vor allem in der Provinz Xinjiang ständig sehen werden.  Gegen Nachmittag erreichen wir wieder einen größeren Ort. Und er Wagen bleibt direkt beim Anfahren an einer Ampel liegen. 

Wir versuchen, ihn mithilfe der Batterie von Herrn Li wieder zu Laufen zu bringen, aber es hilft nur kurzfristig etwas. Letztlich finden wir eine nahe Werkstatt, zu der wir das Auto sogar noch die letzten Meter schieben können. Vertrauenerweckend sieht sie nicht aus, aber was haben wir für eine Wahl? Wir mieten uns in einem ganz okayen Hotel ein paar Straßen weiter ein und schlafen immerhin mal wieder ohne Dinosaurier in der Seite, dafür aber mit Klo und Dusche im Raum (ja, die Verdauung muckt immer noch). Man sagt uns, wir könnten den Wagen wohl am frühen Mittag abholen, also verbringen wir den nächsten Tag im Wartebereich der Werkstatt und starren auf ein Mao-Poster. Dann dauert es natürlich doch länger. Wir lassen uns von Herrn Li zu einer nahen Shopping Mall fahren und bummeln ein wenig, bevor wir ein paar Chicken Burger in uns reinschlingen. Die Mall ist für diese gottverlassene Provinz (auch wenn wir wieder in einer Großstadt angekommen sind, ist das hier dennoch der Arsch der Welt) relativ nobel. Es gibt jede Menge Elektronik, geschmacklose Kleidung, billige Spielsachen und coolen Jadeschmuck. Gerade eine schöne Ablenkung. Wieder in der Werkstatt sind die jungen Mechaniker nach wie vor nicht ferig, also warten wir weiter – und werden immer nervöser. Wenn wir heute unser Pensum nicht noch schaffen, können wir die Grenzüberquerung am 29. vergessen. Und dann sind unsere Visa ungültig und wir haben ein Problem. Wer hat diese idiotisch knappe Reise geplant? Okay, das waren wir selbst, zumindest haben wir den Plan irgendwann mal abgesegnet.    


Gegen Abend springt der Wagen wieder an. Er qualmt zwar wie verrückt, aber egal. Wir müssen weiter. Herr Jo fragt, ob wir denn heute wirklich noch weiter wollten oder ob wir nicht lieber noch warten sollten. Wir bestehen darauf, heute noch das nächste Etappenziel zu erreichen. In der Eile vergessen wir unseren Ersatzreifen in der Werkstatt. Na ja, die Reparatur war teuer genug, da kommt es jetzt auch nicht mehr drauf an.    Allerdings klingt der Wagen nun komisch, er qualmt immer mehr und hat auch kaum noch Power. An der Grenze zur Provinz Xinjiang werden wir alle von bewaffneten Beamten gebeten, den Wagen zu verlassen, um uns einzeln an einem Grenzposten kontrollieren zu lassen. Das ist eine zeitaufwändige Angelegenheit und wir trauen uns währenddessen nicht, das Auto auszuschalten – es röttert also die ganze Zeit im Hintergrund vor sich hin und wir hoffe, dass uns keiner der Beamten darauf anspricht.  Die Fahrt geht letztlich weiter und es wird dunkel, als wir immer noch durch die Wüste fahren. Kein Problem, dafür hat man ja Licht, oder? Theoretisch schon. Unsere Scheinwerfer werden immer schwächer, die Batterie scheint den Geist aufzugeben. Dazu muss man sagen, dass unser Wagen zwei davon hat: Eine „normale“ und eine für den Innenraum. Damit gab es schon mehrfach kleine Probleme, aber dass die Scheinwerfer versagen, das ist neu. Die Spannungsanzeige der Batterien sinkt in den Keller, trotz der beständigen Fahrt. Wir halten immer wieder an, um die Batterien neu zu verkabeln und durchzutauschen, aber es bringt nichts. Dazu muss man sagen, dass das läppisch klingt, aber in der Praxis steht Basti da bei völliger Dunkelheit mitten in der Wüste in einem üblen Sandsturm und  versucht heldenhaft, in diesen Umständen unser Auto zu reparieren. Am Ende fahren wir mit kaputtem Licht weiter- und ich halte die ganze Zeit eine Taschenlampe aus dem Beifahrerfenster. Nein, wir fühlen uns nicht wohl mit dieser Lösung und meine Hand ist irgendwie immer noch kalt davon. 

Spät in der Nacht erreichen wir wieder so ein Wüstenkaff. Dieses Mal ist es ein echtes Nest mit nur einigen Straßen und traurigen, ruinösen Häuschen. Jo und Li schlafen in einem Hotel und wir sollen auf den Parkplatz, aber bitte leise sein, denn das sei von Hotel nicht gestattet und wir dürften nicht erwischt werden. Der Parkplatz ist im Grunde ein LKW-Friedhof und gleichzeitig der Innenhof dieser Hotel-Anlage. Deponia-Charme halt. Wir sollen den Wagen nicht verlassen, aber Steff wird es irgendwann zu bunt und er steigt aus, um sich zu erleichtern. Sofort wird er von mehreren Wachhunden zurück ins Auto gebellt. Tolle Wurst. 

 
Am Morgen machen wir uns auf die Suche nach einem Laden, der uns eine neue Batterie verkaufen kann. Nach einigem Hin und Her finden wir einen Taxifahrer, der uns nach einer kleinen Irrfahrt dort hinbringt, denn Herr Jo hat keine Lust mehr, großartig hilfreich zu sein. Wir kaufen eine deutsche Batterie und versuchen, sie einzubauen. Der Wagen springt dennoch nicht an. Also rufen wir einen Mechaniker, der wenig später mit seinem Fahrrad angeradelt kommt und das WoMo mit ein paar Handgriffen zum Laufen bringt. Juhu! Wir fahren weiter.    
Aber: Zu früh gefreut: Die neue Batterie geht ebenfalls drauf. Es stinkt wieder ganz toll nach Schwefel im Auto, auch wenn mir das erstmal keiner glauben will (ich sitze als Beifahrer direkt hinter der Batterie). Haben wir jetzt die intakte Batterie getauscht und die kaputte behalten? Die Verwirrung ist groß und die Panik wächst. Irgendwann müssen wir wieder durch eine Polizeikontrolle und DIESES MAL wollen die Herren wissen, warum wir den Wagen nicht abschalten und warum er so bestialisch stinkt. Ein Polizist, der genauso aussieht wie Assad, empfiehlt uns, das Ding doch mal in die Werkstatt zu bringen. Ja, toll, danke für den Tipp! Geh doch nach Hause und mach dein Land weiter kaputt, statt hier hilfreiche Tipps zu geben, du Pfeife!  

(Das Bild haben wir während einer Panne gemacht. Man muss halt immer das beste aus einer Scheißsituation machen)


Aber wir hören auf Assads Rat und suchen im nächsten Ort WIEDER die Werkstatt auf. Diese Stadt ist wieder ganz angenehm, relativ grün, modern und voller Hotels (von denen wir keines nutzen). Während wir warten, gehen wir lecker Pizza essen und bummeln durch einen Spielzeugladen, in dem wir Lego-Plagiate kaufen: Walking Dead Lego! Super Mitbringsel! Abends stromern wir noch durch den zentralen Platz der Stadt, auf dem ein großer Bildschirm die Nachrichten zeigt. Die beginnenden Feiertage werden angekündigt – und das 60jährige Jubiläum der VR. Es werden glückliche Uiguren gezeigt, die erzählen, wie toll sie es finden, dass sie seit 60 Jahren von den Chinesen besetzt …  äh … beglückt (?) werden. Wir sehen Präsident Xi, wie er die Hände alter lächelnder Eingeborener schüttelt und nirgendwo wird jemand mit einem Maschinengewehr bedroht, jedenfalls ist es immer gerade nicht im Bild. Wir verstehen natürlich nix, bzw. Mháire versteht nicht viel, also vertonen wir die Nachrichten selber nach und lachen uns über unsere eigene vermeintliche Schlagfertigkeit kaputt. Vermutlich sind wir aber nur benebelt von den Schwefeldämpfen.  Am nächsten Morgen springt der Wagen irgendwann wieder an. Angeblich war die Lichtmaschine zu stark und hat die Batterie überlastet. Die Leute in der Werkstatt haben sie gedrosselt und alles so angepasst, dass es laufen sollte. Na ja – sollte. Denn am nächsten Abend wiederholt sich das Spiel: Der Wagen bockt und geht immer wieder aus. Wir haben keine Zeit, nochmal einen Tag zu warten also suchen wir eine Werkstatt, die sich noch Abends um das Problem kümmert. Wir werden dank Herrn Lis Hilfe auch fündig und gehen mit ihm und Herrn Jo noch einmal Essen, währen die Mechaniker tätig sind. Dabei offenbart uns Herr Jo, dass wir die schlimmste Reisegruppe sind, die er je getroffen hat. Und dass er echt froh ist, wenn er uns los ist. Na gleichfalls!  Der Herr in der Werkstatt sagt uns schließlich, dass wir auch Öl verlieren würden. Er habe das repariert, aber wir sollten vorsichtig fahren und immer wieder den Ölstand checken. Am Morgen geht es weiter und wir versäumen, uns im örtlichen Tante Emma Laden mit Proviant einzudecken. Wir sind einfach zu angespannt, denn heute MÜSSEN wir Kashgar erreichen, es ist der 28.9. und am nächsten Morgen müssen wir über die Grenze.  

Ihr wisst natürlich, wie es ausgeht: Wir sind nicht vorsichtig genug. Vielleicht konnten wir das auch gar nicht sein. Am Ende bleiben wir mit Kolbenfresser in der Wüste liegen. Uns bleibt nur, einen Abschlepper zu rufen.  Herr Jo ist inzwischen scheinbar alles egal. Er lässt sich mal eben auch direkt Burger mitbringen und schnabuliert sie in seinem Auto. Wir haben nicht mal noch Wasser im Wagen und sind entsprechend doppelt verweifelt. Irgendwann spät am Abend erscheint der Abschlepper und hebt unser armes WoMo unsanft mit seinem Kran auf seine Ladefläche, wobei es rotiert, anstößt und Teile abbrechen. Inzwischen haben wir noch 12 Stunden, um das Land zu verlassen und sind noch 3 Stunden von Kashgar entfernt. Mháire hat einen kleinen Zusammenbruch, wir alle versuchen aber, irgendwie zu organisieren, einen Weg zu finden, das Land zu verlassen, schreiben Freunden und suchen nach Möglichkeiten, den Wagen über die Grenze zu bringen. Zu dieser Zeit starten Anselme und Jörg in Deutschland auch ihre Spendenaktion, die uns am Ende den Arsch retten wird. Während unser Wagen dann nach Kashgar geschleppt wird, packen wir uns alle bei Herrn Li rein und fahren mit seinem Auto in die selbe Richtung. Spät in der Nacht, gegen 3  oder 4 kommen wir im altbekannten Hotel an, wo wir einige wenige Stunden Schlaf finden, nachdem wir den beiden Führern ihr Trinkgeld gegeben haben und Herrn Jo zum letzten Mal sehen. Am Morgen soll ein lokaler Guide uns helfen, den Wagen vor Ablauf der Frist außer Landes zu bringen ….  
 

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Comments

Olovil Stein

The plot thickens! Und gibt es das Bild von Mháire in einer Kalenderfähigen Auflösung für den nächsten Kalender?

Raoul Fiebig

Erst mal super, daß sich hoffentlich etwas in Sachen Jurassic Road tut. Ich hoffe das läuft dann auch wirklich so. Und wie immer herzlichen Dank für die Fortsetzung.