Home Artists Posts Import Register

Content

18.9.2015:  Wir brechen morgens in Landshut auf – es soll eine längere Überlandstrecke folgen, an deren Ende wir in Sichuan ankommen und damit in der Provinz, in der unser Dino auf uns wartet. Tatsächlich sagt uns Google Maps, dass es nur noch ca. 1000 km bis zur Endstation Zigong sind. Leider haben wir aber bei der Buchung des Guides einer bestimmten Route zugestimmt, also verlassen wir die Autobahn schnell und Herr Jo führt uns ins Vorland von Tibet. Dazu muss man sagen: Politisch kommen wir während der Reise nie nach Tibet. Kulturell hingegen schon und das Vorland allein erreicht immer wieder Höhen von über 4000 Metern. Wenn ich heute versuche, die Strecke auf der Karte nachzuvollziehen, wird mir schon schwindelig. Und gleichzeitig scheitere ich, denn in dieser Gegend gibt es nur winzige Käffer, an deren Namen ich mich nicht erinnere. Dazu kommt, dass sich Herr Jo und Herr Li schnell verfahren, dies aber nicht zugeben. Es ist allerdings verräterisch, dass sie ständig anhalten, um nach dem Weg zu fragen. Google Maps haben sie halt hier nicht. 


Zugegeben: Die Landschaft ist spektakulär, sofern sie nicht gerade im Nebel verschwindet. An die grünen Berghänge schmiegen sich immer wieder Zelte und jede Menge Gebetsfahnen der Tibeter flattern über die Straße gespannt oder an Steilwänden festgemacht im Wind. Es gibt keine Städte aber jede Menge kleiner Zeltsiedlungen, die fast alle Reitunterricht anbieten. Immer wieder passieren große Rinderherden die Straßen. Beim ersten Tibeter, den wir sehen zeigt Herr Jo noch beinahe begeistert drauf und versucht uns zu erklären, was das für eine Ethnie ist, als hätte er einen seltene Kultur aus dem Amazonas entdeckt. Irgendwann sehen aber alle Leute am Wegesrand so aus: Mit beneidenswert glatten, halblangen Haaren und dunkler Haut gesegnet. Nach einiger Irrfahrt durch die Region erreichen wir schließlich spät am Abend doch das Kaff, das auf dem Reiseplan steht. Ich bin mir nicht sicher, aber ich glaube, es nannte sich Ruoergai. Eigentlich wollten wir wieder im WoMo übernachten, aber uns geht es immer noch nicht gut. Wir mieten ein winziges und extrem heruntergekommenes Zimmer in einer furchtbaren Absteige direkt an der Hauptstraße des Orts. Die Toilette ist ein schmutziges Loch im Boden und läuft nicht ab. Sie ist gleichzeitig die Dusche, aber auch das heiße Wasser hilft nicht beim Abflussreinigen. Basti will hier nicht schlafen. Steff auch nicht. Er will aber das WC nutzen und sich offen halten, nachts reinzuschauen. Das scheitert daran, dass das Hotel nachts ein Rollgitter über die Einfahrt legt. Und in die Einfahrt sind wir nicht reingefahren, weil sie 2 Meter 20 hoch ist, das WoMo aber 2 Meter 50. Herr Jo wollte uns aber nicht glauben, dass es nicht passt und wir mussten erst mit dem Alkoven ganz an die Einfahrt ranfahren, bis er aufgab, uns da reinzubugsieren.   Immerhin gibt es in dem Ort, der vermutlich Ruoergai heißt, es einen schicken buddhistischen Tempel mit Mönchen, die perfekt Englisch sprechen und zahmen Rehen. Mháire und die anderen schauen sich das am Abend noch an. Ich bleibe lieber im Hotel und leide vor mich hin. 


Am 19.2. geht es weiter durchs Hochland. Mehr Tibeter, mehr Berge, mehr Nebel, mehr Rinder. Mehr Tunnel. Immer wieder wechseln die sich mit tiefen Schluchten ab, an denen wir vorbeifahren. Die Tunnel sind immer wieder gut 10-20 km lang und außerdem unbeleuchtet. Da ist er wieder: Der tolle chinesische Straßenbau in von Minderheiten bewohnten Regionen. Das Wetter ändert sich hinter jedem Bergmassiv wieder und wir kommen im Minutentakt von strahlendem Sonnenschein in heftigste Regenfälle. So merkt Herr Li nicht, dass er uns abhängt. Mitten im schlimmsten Regen, als wir gerade panisch versuchen, das undichte Oberlicht zu kitten, während wir fahren, rammt uns ein Fahrzeug, das aus einer Einfahrt kommt und dessen Fahrer uns wegen des Wetters nicht gesehen hat. Der junge Tibeter fährt uns also mit seinem Mini-Handwerker-Wagen in die Seite. Wir halten an und versuchen uns mit dem Mann zu verständigen. Herr Jo bekommt eine SMS von uns, versteht aber nicht, warum es besser wäre, wenn er zurück käme. Er meint, er wartet dann auf uns, während wir unseren Unfall klären. Irgendwann kommt er dann aber doch zurück und versucht, zu vermitteln. Inzwischen ist auch die Polizei da – und leider auch der Chef des Tibeters (kein Tibeter), der uns, seinen Azubi und Herrn Jo mit hochrotem Kopf anbrüllt und  meint, die ausländischen Deppen könnten ja nicht Autofahren. Die Polizei ist anderer Meinung und nach einer Stunde Verzögerung verlassen wir den Seitenstreifen wieder. Es geht weiter Richtung Südosten und Richtung Flachland. Dort will uns Herr Jo unbedingt noch den größten Buddha der Welt zeigen. Aber dazu mehr im nächsten Eintrag.   

Files

Comments

Raoul Fiebig

Juchhu - danke für die Fortsetzung! <3

Cadderly

Wie immer: Sehr intensiv und immer wieder ein Kopfschütteln über das von Euch Erlebte. Respekt!